Warum wir uns auf die deutsche Sprache fokussieren?
Wir werden immer wieder gefragt, warum wir uns ausschließlich auf die deutsche Sprache fokussieren und warum wir beispielsweise keine Studien in portugiesischer Sprache anbieten.
Nun, wir möchten hier keinesfalls ausgrenzend sein und falls es so wirkt, dann müssen wir hier besser werden. Uns geht es darum, unsere Aktivitäten in deutscher Sprache anzubieten unter Berücksichtigung der deutschen Kultur und Geschichte. Dabei ist jeder eingeladen unabhängig von seiner Nationalität, Kultur, Religion, ethnischer Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung und Alter.
Warum dieser Fokus? So gut wie alle spiritistischen Vereine in Deutschland werden von Brasilianern und Deutschen mit brasilianischer Herkunft geleitet. Auch die Mehrheit der Mitglieder besteht aus Brasilianern bzw. Deutschen brasilianischer Herkunft. Der Grund ist, dass die Spiritistische Lehre in Brasilien sehr weit verbreitet ist und die Expatriates bringen damit ein Stück ihrer Religion, Philosophie und auch ein Stück ihrer Heimat nach Deutschland.
Auch wenn es in vielen dieser Vereine deutschsprachige Aktivitäten gibt, so ist es dennoch über die letzten Jahrzehnte nicht gelungen, die spiritistische Lehre in Deutschland stärker bekannt zu machen. Die Anzahl der German Natives unter den Spiritisten ist nach wie vor sehr klein.
Wir glauben dies hat mehrere Gründe.
- Die spiritistische Lehre hat 3 Säulen, eine religiöse/ethische, eine wissenschaftliche und eine philosophische. Die spiritistische Lehre in Brasilien hat ihren wesentlichen Schwerpunkt auf der religiösen Säule während deutsches Publikum religiösen Dingen sehr skeptisch gegenüber steht. Für das einheimische Publikum müsste man die Lehre viel stärker von ihrer philosophischen und wissenschaftlichen Seite verbreiten.
- Öffentliche Vorträge der spiritistischen Vereine sind meistens in portugiesischer Sprache, manchmal mit deutscher Übersetzung. Oft werden Experten aus Brasilien eingeflogen. Auch deren Vorträge sind in der Regel auf das brasilianische Publikum ausgerichtet.
- Oft sind die spiritistischen Vereine ein Anlaufpunkt für Brasilianer, die vorübergehend in Deutschland wohnen/arbeiten. Sie sind sozusagen implizit auch ein Stück Heimat, sodass es einen hohen Anteil temporärer Mitglieder gibt. Die Fluktuation ist entsprechen groß.
- Auch bei der Führungsstruktur und dem Umgang miteinander muss man die kulturellen Unterschiede kennen. Für Brasilianer spielt der Rang, Status und die Seniorität eine sehr große Rolle und die emotionale Beziehung zueinander hat einen sehr hohen Stellenwert. Offene Diskussionen, ggfs. Feedbackrunden, etc. werden hier eher nicht gewünscht. Der eigentliche temporäre gewählte Vorsitzende des Vereins ist dann oft der Presidente auf Lebenszeit.
Nach unserem Verständnis ist es schwer, in diesem Umfeld mehr Interesse vom deutschen Publikum zu wecken. Genau aus diesen Gründen legen wir den Fokus so ausschließlich auf die deutsche Sprache. Dazu kommt dann noch der schwierige (negative) Stellenwert der Spiritistischen Lehre in Deutschland. Der Name allein erzeugt bei vielen schon Unbehagen und Vorurteile, obwohl insbesondere im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts viele namhafte Wissenschaftler und Philosophen bereits in Deutschland sich damit beschäftigt haben.
Natürlich brauchen wir das Knowhow und die Mitarbeit unsere brasilianisch stämmigen Mitglieder. Sie haben oft wesentlich mehr Erfahrung und Verständnis der spiritistischen Lehre und sind liebgewonnene Freunde. Wir verstehen uns als unsterbliche spirituelle Wesen, die in der jetzigen Inkarnation in eine Kultur und Nation hineingeboren sind. Was uns eint ist das Ziel der moralischen Entwicklung durch das Studium der spiritistischen Lehre und deren Verbreitung.
2 Kommentare zu „Warum wir uns auf die deutsche Sprache fokussieren?“
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Kommentar zum Artikel „Warum wir uns auf die deutsche Sprache fokussieren?“
Warum sich der Verein „Weg der Nächstenliebe“ auf die deutsche Sprache fokussiert, bleibt unklar.
Voranstellen will ich eine Unschärfe im vierten Abschnitt des Artikels: Was sind „German Natives“? Entweder sind „native Germans“ gemeint, also gebürtige Deutsche, oder „native German speakers“, also Muttersprachler. Ich gehe davon aus, dass hier die muttersprachlich Deutsch sprechenden Spiritisten gemeint sind. Der Gebrauch der deutschen Sprache wäre in diesem Zusammenhang sinnvoll gewesen, weil er Verwechslungen vorbeugt.
Dass die Anzahl von Deutsch sprechenden Spiritisten klein ist, trifft zu. Die vom Autor angenommenen Gründe sind spekulativ und verengen die spiritistische Welt auf vielleicht persönlich beobachtete oder vom Hörensagen vernommene Situationen.
Die spiritistische Lehre von Allan Kardec bettet sich ein in die philosophische Emanzipation Europas von der Kirchenlehre seit Ende des 18. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Ausgehend von Rousseau, Kant und Hegel fanden sich viele philosophische Ausformungen bis hin zu Steiner.
Der religiöse Aspekt des Spiritismus nach Kardec ist ausgeprägt und bildet einen Schwerpunkt in seinen Veröffentlichungen. Die Vielfalt und Offenheit der brasilianischen Religionsausübung hat den Spiritismus genauso aufgenommen wie viele andere Strömungen.
Dass Deutsche der Religion gegenüber Vorbehalte haben, sehe ich nur teilweise. Einerseits gab es in Deutschland nach der Reformation die Aufklärung, die die religiösen Fundamente in Frage stellte. Andererseits fühlen sich etwa zwei Drittel der Deutschen einer christlichen oder islamischen Konfession zugehörig.
Der Hauptunterschied liegt in der unterschiedlichen Religionsausübung in Deutschland, die viel stärker an bestehende Organisationsstrukturen gebunden ist als in Brasilien. Wir wissen, dass die evangelikalen Strömungen dort in den letzten Jahren einen enormen Zulauf erfuhren. Dies liegt nicht nur an der schwierigen materiellen Situation, in der traditionell Glaubensdinge mehr Gewicht erhalten, sondern an der schon beschriebenen religiösen Offenheit und Vielfältigkeit.
Und daraus ergibt sich zwangsläufig, dass die Ausübung spiritistischer Aktivitäten in Deutschland überwiegend brasilianische Wurzeln hat. Es ist trivial, daraus abzuleiten, dass auch führende Vertreter der heutigen spiritistischen Bewegung aus Brasilien stammen und Vorträge auf Portugiesisch halten.
Die These, der brasilianische Fokus auf den Spiritismus läge im Religiösen, kann ich nicht nachvollziehen. Denn zum einen haben Allan Kardec genauso wie die geistige Welt die Prägung des Spiritismus durch den Katholizismus dargelegt und gefordert. Und diese Prägung ist kulturkreisunabhängig.
Zum anderen gibt es in Brasilien mehrere Universitäten und interdisziplinäre Arbeitsgruppen, die sich explizit mit dem Spiritismus aus wissenschaftlicher Sicht befassen. Zum Beispiel sind auf dem Deutschen Kongress für PsychoMedizin in Bad Honnef immer wieder namhafte brasilianische Wissenschaftler mit Vorträgen zu Gast. Zusammenfassend kann ich sagen, dass sich in Brasilien viele Experten aus der Wissenschaft mit dem Spiritismus befassen und ihre Arbeiten publizieren – ein religiöser Fokus ist nicht feststellbar.
Ob neue Mitglieder brasilianisch orientierter Vereine ein Heimatgefühl suchen und eine hohe Fluktuation der Mitglieder besteht, ist für die Ausübung der Aktivitäten der Vereine unbedeutend. Denn wodurch Menschen Zugang zur spiritistischen Lehre finden, ist vielfältig und nur sehr begrenzt steuerbar. Allan Kardec hat bekanntlich zum Spiritismus gefunden, weil er von einem Freund davon hörte und anfangs durchaus skeptisch war. Ihm eröffnete sich ein neuer Kosmos trotz seiner Vorbehalte, er schaute hin und registrierte, was geschah. Daraus entwickelte er das Gebäude der spiritistischen Lehre.
Menschen wenden sich auch wieder vom Spiritismus ab, wenn sie das Gefühl haben, dass die Lehre oder die Struktur nicht zu ihnen passt. So ist es in allen Institutionen, die sich mit immateriellen Fragen befassen.
Die Führungsstruktur in brasilianisch geprägten spiritistischen Vereinen ist erst einmal vom deutschen Vereinsrecht bestimmt. Warum sich diese Struktur von einer deutsch geprägten unterscheiden soll, erschließt sich mir nicht.
Die Frage nach dem Stellenwert von Rang, Status und Seniorität lässt sich nicht so einfach beantworten. Ich kenne offene, mit großem Herzblut ausgetragene Debatten in brasilianisch geprägten Vereinen, in denen die Mitglieder kein Blatt vor den Mund nehmen. Obwohl ich Brasilianer bin, habe ich keine Ambitionen, mich bestehenden Strukturen kritiklos unterzuordnen oder besonders hierarchieorientiert zu sein. Das trifft auch auf viele andere Brasilianer zu, die ich kenne.
Einen Vereinsvorsitzenden auf Lebenszeit habe ich bisher nicht erlebt. Der Grund für eine langjährige Übernahme von Verantwortung liegt in der Regel darin, dass nur wenige Menschen dazu bereit sind – völlig unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund oder ihrer Nationalität. Außerdem ergeben sich Vorteile einer Kontinuität im Vorstand, z. B. durch Erfahrung und Bindung an die Mitglieder. Da Entscheidungen in einem Vorstandsgremium demokratisch gefällt werden, kann es auch alle Mitgliederinteressen repräsentieren.
Kurz gesagt ist das Vereinsleben brasilianischer spiritistischer Gruppen dem deutschen gar nicht unähnlich. Es geht am Ende um eine funktionierende Struktur, die den Mehrheitswillen der Mitglieder abbildet. Auch die Sensibilität von Menschen, manipulative Aktivitäten zu erkennen und zu benennen, halte ich in den beiden Kulturen für gleich ausgeprägt.
Ob das das deutsche Publikum abschreckt, bezweifle ich. Denn demokratische Willensbildung haben die meisten Menschen verinnerlicht und können zwischen den notwendigen Debatten, in denen um den richtigen Weg eines Vereins gerungen wird, und ihrer spirituellen Grundhaltung gut unterscheiden.
Die Betonung der wissenschaftlichen Seite der spiritistischen Lehre mag als Einstiegsargument für neue Mitglieder verlockend klingen. Nachhaltig überzeugen können nur die eigenen Erfahrungen mit dem Spiritismus. Ich sehe vielmehr eine mögliche Abschreckungswirkung auf Interessenten, die pseudowissenschaftliche Erklärungsversuche vermuten könnten anstatt sich auf die spannende Reise in die spiritistische Welt einzulassen, weil sie den Wunsch fühlen, selbst Teil des Spiritismus zu sein.
Der letzte Absatz im Text bestätigt mich in meinen Ausführungen. Denn die brasilianischstämmigen Mitglieder werden dort als diejenigen mit der größeren Erfahrung und dem Verständnis für die spiritistische Lehre beschrieben.
Was bei mir zurückbleibt und mich nachdenklich stimmt, ist die deutliche Abgrenzung von einem als nicht sinnvoll angesehenen Weg der kulturell Brasilien zugeordneten Anhänger der spiritistischen Lehre und andererseits der Wunsch nach Zusammenarbeit. Deutlicher ausgedrückt ist die Erfahrung willkommen, die Umsetzung geschieht aber nach von anderen festgelegten Bedingungen.
Ich wünsche dem Verein „Weg der Nächstenliebe“, dass
Lieber Paulo,
vielen Dank für deinen Kommentar! Es tut uns leid wenn dich das, was wir schreiben, negativ trifft.
Wir können gerne ein persönliches Treffen mit Dir/Euch vereinbaren, in dem wir diese Punkte in Ruhe diskutieren können. So finden wir vielleicht einen gemeinsamen Weg?
Viele Grüße und Gottes Frieden für Dich
Weg der Nächstenliebe